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Freitag, 6. März 2009

Koppay, Maler der High Society

Ich habe vor kurzem für ein paar Euro ein ca. 90 Jahre altes kleines Buch über einen vergessenen, österreichisch ungarischen Porträtmaler kaufen können. 'Koppay' von Rudolf Lothar.

Joszi Arpád Koppay: Selbstporträt

Koppay war einer der gefragtesten Porträtmaler um die Wende zum 20. Jahrhundert und wird vom Autor in den höchsten Tönen gelobt.

Joszi Arpád Koppay: Sir John Astbury - High Judge of England

Mit konkreten Jahresangaben spart Lothar, deshalb ist das Folgende eher allgemein gehalten. Das Buch hat einen leichten Wasserschaden, deshalb sind die Bilder leider meist etwas wellig.

Herkunft

Baron Joszi Arpád Koppay von Drétoma, so sein offizieller Name, wurde am 15. März 1859 in Wien geboren. Dort verblieb seine Familie aber nicht lange, da es sie nach einem Jahr zurück in ihre Heimat Ungarn, Richtung Budapest zog. Den Adelstitel hatte er von seinen Vorfahren väterlicherseits geerbt, Burggrafen in Liechtenstein. Seine Mutter kam aus einer einfacheren Bürgerfamilie Niederösterreichs.

Schulzeit

Der kleine Adelige ging, wie jedes normale Kind, mit 6 Jahren in die Grundschule. Dort machte er die für die damalige Zeit normale Bekanntschaft mit einem Lehrer, der den Rohrstock nie aus der Hand nahm. Die Grundschulzeit hat er aber offensichtlich überstanden, da dass Gymnasium die nächste Station auf seinem Lebensweg war. Trotz angeblich guter Noten wechselte er zur Realschule, weil Arpád aufgrund seines Zeichentalents Techniker/Architekt und kein Akademiker werden wollte.

Studienzeit und Militär

Es wird im folgenden nicht ganz klar dargestellt, ob er nach der Schulzeit erst eine Technikerausbildung machte und dann Architektur studierte, oder Architektur Teil der Technikerausbildung war. Es ist auf jeden Fall von 2 Jahren in Budapest und 3 Jahren in Wien die Rede.
Als Architekturstudent war er Schüler von Baron Ferstel, Hofrat König und Dombaumeister Schmidt.
Die Studienzeit wurde unterbrochen durch eine Einberufung in den Militärdienst als Leutnant des Österreich/Ungarischen Feldzugs gegen Bosnien.

Ausbildung bei Makart

Seine kleine private Leidenschaft war die Aquarellmalerei. Als eines Tages sein Lehrer Schmidt diese Bilder zufällig erblickte, war es um die Architektenkarriere Koppays geschehen.
Sie müssen unbedingt Maler werden. Ich werde Sie mit Makart zusammenbringen. (Schmidt)
Und so geschah es. Hans Makart war von den Arbeiten Koppays überzeugt und nahm ihn in den beiden folgenden Jahren in sein Meisteratelier auf.

Hans Makart: Dora Fournier-Gabillon (um 1879)

Makart, Personifizierung des aufblühenden Wiens, viel bewunderter Maler und Dekorateur, war nicht nur weltbekannt für seine vielfigurigen, fantasiereichen Großkompositionen, sondern auch ein gefragter Porträtmaler. Der Makarttypische Farbenzauber war einzigartig.

Eines Tages wies der große Meister seinen Schüler in die Kunst der Farbgebung ein:
Warum plagen Sie sich so? Ich werde Ihnen einen guten Rat geben und Ihnen das Geheimnis meines Malens verraten. Bei jedem Bilde lassen Sie eine einzige Farbe dominieren, d.h. mischen Sie jeder Farbe die Grundfarbe bei, die Sie für das ganze Bild gewählt haben: Ob es sich nun um grün oder blau oder rot oder violett oder gelb handelt. Dadurch bekommt das Bild einen einheitlichen koloristischen Charakter und aus einer gewissen Entfernung gesehen, wird es tatsächlich blau in blau oder grün in grün oder rot in rot erscheinen. Sie vermeiden dadurch, dass das Bild kaleidoskopartig, also bunt erscheine. Denn die Buntheit ist immer ein Fehler. (Makart)

Dies soll Koppay verinnerlicht haben, was aber leider anhand der Schwarz-Weißbilder nicht mehr ganz nachzuvollziehen ist.

Makart bezeichnete Koppay später als seinen besten Schüler. Dem Autor ist das noch zu wenig und er lässt sich in seiner Euphorie zu der Äußerung hinreißen,
dass der Meister der Makartzeit nicht Makart sei, sondern Koppay (Lothar)

Joszi Arpád Koppay: Theodor Herzl

Erste Aufträge

Nach der Zeit in Makarts Atelier zieht es Koppay nach München.

Seine ersten noch zögerlichen Versuche sind in Genremalerei verkleidete Porträts oder Bilder im mythologischen Gewand. Kleine Berühmtheit sollen beispielsweise seine Gemälde aus dem Jahre 1882 "Kraft und List"

Joszi Arpád Koppay: Kraft und List (1880 oder 1882)

oder "Das Unheil" erlangt haben.

Joszi Arpád Koppay: Das Unheil (1882)
Auch diese Bilder sind so oft reproduziert worden, haben eine so grenzenlose Volkstümlichkeit erlangt,... (Lothar)

Aber bald kommt Koppay zu dem Schluss, dass seine eigentliche Passion und Begabung die reine Porträtmalerei ist. Das rahmende Beiwerk der Genremalerei gibt er fast vollständig auf und konzentriert sich zukünftig ganz auf die Darstellung der Person.

Joszi Arpád Koppay: Sohn des Honourable Mr Charles Rothschild - London

Porträtmaler

Den ersten großen Erfolg als Porträtmaler erreicht er mit einem Gemälde Ludwig II von Bayern. Dieses Bild war wohl so gelungen, dass Koppay für die Kaiserin Elisabeth von Österreich eine Kopie malen musste. Das war die Visitenkarte, die ihm die Welt der Reichen und Mächtigen eröffnete. Kaiser, Könige, Erb- und Geldadel wurden seine Kunden. Damit war er einer der gefragtesten Porträtmaler seiner Zeit.

Joszi Arpád Koppay: Baron Nagy

Seine Reise begann, die ihn in den folgenden Jahren an alle wichtigen Kaiser- und Königshöfe Europas und nach Amerika führte.

Joszi Arpád Koppay: Eleonore Fürstin von Bulgarien

Reisender

1887 zog es Koppay für acht Monate nach Paris.

Ende 1887 wurde er nach Madrid gerufen, um dort unter anderem die habsburgische, königliche Familie zu malen.

Joszi Arpád Koppay: Sohn des Erzherzogs Leopold Salvator

Er bereiste als Tourist das ganze Land. Von den privaten Eindrücken, die sein Skizzenbuch füllten, sind mir aber leider keine Bilder bekannt.

Wohl Anfang 1888 wohnte er wieder in Paris, wo er bis Ende 1889 blieb. Dort verkehrte er häufig mit den Malern Mihály Munkácsy und Léon Bonnat, der ihn auch malerisch beeinflusst haben soll.

Léon Bonnat: Gambetta (1875)

1889 ging es dann nach London, wo er ungefähr ein Jahr verweilte.

Joszi Arpád Koppay: Lady Astbury - London

In London heiratet er seine hübsche Frau Mathilde, die
in den grauen Alltag meines Lebens .. den hellen Silberton der Glückseligkeit (Koppay)
brachte.

Joszi Arpád Koppay: Baronin Mathilde Koppay von Dretoma

1890 zog er nach Berlin und malte fast die gesamte Hofgesellschaft und den diplomatischen Korps. Aufsehen soll sein 26 figuriges Bild der Samoa-Konferenz erregt haben, vielleicht ein Gemälde in der Art von Anton von Werners Berliner Kongress (1881).

1894 sah ihn seine Heimat wieder, natürlich Wien.

Joszi Arpád Koppay: Erzherzogin Josepha

In den Jahren dort malte er neben dem Hochadel auch unzählige Großindustrielle, Künstler und Schriftsteller.

Joszi Arpád Koppay: Erzherzogin Marie Valerie

Ab 1905 erweiterte er seinen Markt mit dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, Amerika.

Joszi Arpád Koppay: Mrs Marjorie Johnston - San Francisco

7 Jahre hintereinander zog es ihn für jeweils ungefähr 7 Monate dort hin. Präsident Roosevelt oder die mächtigen Rockefeller wurden seine Auftraggeber.


Joszi Arpád Koppay: Präsident Roosevelt

1911, drei Jahre vor dem Krieg, ließ er sich, scheinbar endgültig, in London nieder.

Aber der 1. Weltkrieg machte dem einen Strich durch die Rechnung. Der englische Boden wurde zu heiß für ihn. Darum verlegte er seinen Wohnsitz in die neutrale Schweiz nach Zürich. Dort blieb er bis zu dem Zeitpunkt der Auflage des Buchs (1918 oder 1919).

Gründe des Erfolgs

Den immensen Erfolg Baron Koppays begründet der Autor Lothar vor allem mit drei Dingen: Können, Optimismus und Person.

Können
Zum einen seine malerisch, technische Meisterschaft. Sein zeichnerisches Können und seine große, durch die Makartschule geschliffene koloristische Begabung, zeigen einen fähigen Maler in der Tradition der großen akademischen Meister des 19. Jahrhunderts.

Joszi Arpád Koppay: Herzogin Maria Immaculata

Koppay stand, nach Ansicht des Autors, auf einer Stufe mit den beiden großen amerikanischen Porträtmalern seiner Zeit. John Singer Sargent und den mir bisher unbekannten James Jebusa Shannon.

So preist er Sargent unter anderem mit folgenden Worten:
Die Figuren stehen prachtvoll im Raume. Immer interessant beleuchtet...seine großen Erfolge erzielte er nicht durch Ähnlichkeit und Naturtreue, sondern durch die Farbe und durch die oft hinreißende Bildwirkung (Lothar)

John Singer Sargent: Children of Asher Wertheimer (1902)

Und Shannon mit der nicht weniger lobenden Aussage
Shannon malt gerne schummerig, vibrierend. Man glaubt die Luft zu sehen, die zwischen dem Beschauer und dem gemalten Kopfe ist. Er hat ein unendlich feines Empfinden für Farbe und Licht... Ein Rembrandt in Silber (Lothar)

James Jebusa Shannon: The Flower Girl (1900)

Auf einer Stufe, und wohl leicht ihnen voraus, steht Koppay, der die beiden in der Farbbehandlung erreicht, aber in der Naturbeobachtung und Darstellung des konkreten Menschen überragt. So jedenfalls Rudolf Lothar.

Joszi Arpád Koppay: Lady Rothschild - London

Joszi Arpád Koppay: Hofrat Dr. Widerhofer

Optimismus
Was mit seinem Optimismus gemeint ist, wird am besten klar in einer Kritik an die Ende des 19. Jahrhundert aufkommenden Tendenzen in der Porträtmalerei.

Joszi Arpád Koppay: Lady Stuart Mackencie - Schottland

Da dies sehr passend formuliert ist und sich auch auf Porträts unserer Zeit übertragen lässt, möchte ich es gerne zitieren:

Es geschah nicht zum Vorteil der Kunst, dass moderne Porträtmaler ihren Ehrgeiz darein setzten, sich an den Alltag der Menschen, statt an ihren Sonntag zu halten. Je banaler, gewöhnlicher, hässlicher der Porträtierte erscheint, desto stolzer war der Künstler auf seine Leistung. Der malerische Pessimismus ging Hand in Hand mit einer bewussten Trivialisierung des Modells. Verfechter der Moderne sahen darin eine soziale Leistung der Kunst, die nicht jene Momente der Menschen verewigt, wo sie über der Masse stehen, sondern jene, wo sie in der Masse verschwinden.(Lothar)
Joszi Arpád Koppay: Fürstin zu Windischgrätz

Koppay war also ein Maler des Sonntags. Einen trüben, verregneten Dienstagmaler wie Lucian Freud, um in dem Sprachgebrauch zu bleiben, soll es auch geben. Aber dies als einzig möglichen Weg moderner Porträtmalerei darzustellen, ist falsch und unnötig einschränkend. Die Welt ist nicht nur Schwarz und nicht nur Weiß. Dies darf auch die Kunst widerspiegeln, wobei dem Schönen heutzutage jedoch leider zu oft zu wenig Platz eingeräumt wird. Aber zurück zum Thema.

Person
Koppay repräsentierte den erfolgreichen, adeligen Künstler. Seine Ateliers waren prachtvoll und exotisch ausgestattet.

Joszi Arpád Koppay: Atelier in New York (Foto)

Er zeigte seinen Erfolg, was das Herz seines Meisters Makart bestimmt höher hätte schlagen lassen.

Joszi Arpád Koppay: Speisezimmer in Wien (Foto)

Aufgrund seiner adeligen Abstammung besaß er perfekte Manieren und ein geschliffenes Auftreten. Gepaart mit einem gesunden Wiener Humor konnte er sich somit problemlos auf dem Parkett der oberen Zehntausend bewegen.

Joszi Arpád Koppay: Graf Mensdorff-Boully-Dietrichstein

Er galt als einer der ihren. Die Porträtierten fühlten sich in seiner Gegenwart wohl, was für ein gelungenes Porträt mehr als förderlich war. Das man mit ihm zufrieden war, belegen u.a. folgende Zitate:

Kaiser Franz Josef:
Der Kaiser sass oft vor meinem Bilde der Kaiserin und die Gräfin Fesztetics musste ihm von meiner Arbeit erzählen. Er kam immer wieder, um sich das Bild anzusehen und sprach stets aufs neue seine Verwunderung darüber aus, dass ein Maler imstande sei, ein Porträt nach dem Tode so lebenswahr zu machen. Mein Bild, meinte der Kaiser, sei viel lebenswahrer als das Porträt von Winterhalter, das doch nach dem Leben gemacht worden ist. (Koppay)

Fürstin Bismarcks:
Die Fürstin Bismarck schrieb mir: "Die Bilder, die Sie von meinem Manne und meinem Sohn gemalt haben, sind die besten Porträts der Beiden, die existieren." Dieser Brief machte mir eine grosse Freunde, aber - er entzweite mich mit Lenbach. (Koppay)

Joszi Arpád Koppay: Bismarck

Fazit

Da ich Porträtmalerei meist langweilig finde (zu wenig Figuren, Details, Handlung), habe ich dieses Buch eher aus geschichtlichem Interesse gelesen, da mir der Maler völlig unbekannt war.
Beim ersten oberflächlichen Durchblättern fand ich die Bedeutung, die Koppay hatte, unerklärlich. Bei genauerem Hinsehen musste ich jedoch zugeben, dass seine Art zu malen nicht ohne Grund so beliebt war.

Joszi Arpád Koppay: Tochter des Honourable Mr Charles Rothschild - London

Die koloristische Meisterschaft lässt sich aufgrund der Schwarzweiß Bilder zwar nur erahnen. Als Porträtmaler auf eine Stufe mit Sargent oder Shannon würde ich ihn aufgrund der vorliegenden Bilder nicht stellen.

Joszi Arpád Koppay: Zarin Alexandrowna

Aber die ausgearbeiteten Gesichter, gepaart mit einem fließenden, verwehten, manchmal feurig gemalten Hintergrund, wirken anziehend und selten langweilig.

Joszi Arpád Koppay: Frau von Rath

Auf machen Gemälden wirkt alles wie im Fluss. Seine Bildnisse sprühen mehr Leben aus, als die endlose Reihe austauschbarer, mittelklassiger, steifer Porträts, die man so oft in Schlössern sieht.

Um mit den Worten des Autors zu Enden:
Für mich hat ein Porträt dann Stil, wenn eben sein menschlicher Inhalt mit der Ähnlichkeit nicht erschöpft ist, dass heißt also, wenn ein Porträt, ganz losgelöst vom Model, mich menschlich ergreift. Bei den ganz großen Bildnismalern ist also die Ähnlichkeit eine bis zur höchsten Vollkommenheit gesteigerte Nebenerscheinung, die im Laufe der Zeit ihren Wert vollkommen einbüsst. (Lothar)

Und dieses große Können, gepaart mit subjektiven ansprechenden Motiven, sehe ich auch bei den Gemälden Koppays.

Weitere Bilder

Joszi Arpád Koppay: Kaiser Wilhelm II zu Pferd  OAL (145 x 106 cm)