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Dienstag, 23. Dezember 2014

'Ich wünschte mir' - Ausstellung

Zurück

Nach vielen Jahren hatte es mich heute mal wieder ins Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum gezogen. Damals wurde die wunderbare Ausstellung Ilja Repin und seine Malerfreunde präsentiert. Aktuell wollte ich Pissarro, dem Vater des Impressionismus, näher kommen. Ganz gelungen ist dies nicht, da meine typische Bewegung in der Ausstellung ein Schritt zurück, nicht einer nach vorne war. Und das lag nicht nur an den übereifrigen Wächterinnen, welche die Gemälde wie ihre jungen Küken hüteten.

Studienunterschiede

Die meisten Werke der Impressionisten sind bei Betrachtung aus kurzem Abstand einfach enttäuschend, wenn man nicht gerade ein besonderes Faible für groben Farbauftrag und fehlende Zeichnung hat. Es sind eben Studien, die von den Künstlern als fertig deklariert worden sind.

Dies ist im Grunde nichts verwerfliches, denn von großen Malern gibt es fantastische Studien. Bei Adolph von Menzel zum Beispiel schätze ich diese höher ein als seine vollendeten Gemälde.
So ging vor ein paar Wochen eine Menzel-Studie für 3,5 Millionen Euro über den Tisch. Rekordergebnis des kleinen Adolphs.

Adolph Menzel - Stehende Rüstungen (1866) - Gouache und Bleistift auf braunem Papier (45 x 57,9 cm)

Im Gegensatz dazu sieht man bei den meisten Impressionisten in der Nahsicht sofort, warum ihre Ergüsse der Zugang zu den Salonausstellungen verwehrt blieb. Sie waren, schlicht und einfach, im Vergleich zu ihren großen akademischen Zeitgenossen, nur zweit- oder drittklassige Maler. Vom Impressionismus beeinflusste Größen wie Sargent, Boldini oder Sorella bestätigen als Ausnahmen diese Regel.

Highlights

Von den 130 Werken Pissarros in der Ausstellung haben nur ein paar einen positiven Eindruck hinterlassen. Zwei Schneelandschaften, ein Mädchen mit Hut, ein paar Landschaftsbilder aus den 70er Jahren und ein Frühwerk in romantischer Tradition. Dann noch einzelne Ölgemälde, bei denen der pastose, kreuz und quer verteilte Auftrag eine gewisse Dynamik erzeugt, die vom langweiligen Bildinhalt ablenkt. Das war's.

Camille Pissarro - Zwei Frauen plaudern an einer Bucht, St. Thomas (1856) Öl auf Leinwand (27,7 x 41 cm)
Camille Pissarro - Straße im Schnee, Louveciennes (circa 1872) - Öl auf Leinwand (43,2 x 65.4 cm)
Camille Pissarro - Junges Mädchen, einen Strohhut tragend (1881) - Öl auf Leinwand (73,3 x 59,5 cm)
Camille Pissarro - Landschaft in der Nähe von Louveciennes (1870) - Öl auf Leinwand
Zur Verdeutlichung seines Umfelds waren einzelne Bilder anderer Künstler, meist aus der Wuppertaler Sammlung, zu sehen. Neben Durchschnittskost traten hier vor allem zwei Bilder Zandomeneghis hervor, welche mehr als die Pissarros beeindruckten. Eines der Gemälde ist ähnlich zu dem hier abgebildeten, für Zandomeneghi typischen Werk:

Federico Zandomeneghi - Die ersten Falten - Öl auf Leinwand (73 x 60 cm)

Wunschkonzert

Ich wünschte mir immer wieder, dieses oder jenes von einem anderen Künstler umgesetzt zu sehen:
  • Porträts von akademischen Malern, statt der bescheidenen Versuche Pissarros, in diesem Zweig der Malerei.
Camille Pissarro - Bäuerin (1880) - Öl auf Leinwand (73 x 60,4 cm)
William Bouguereau - Kleine Mahlzeit (1901) - Öl auf Leinwand (88,5 x 55,8 cm)
  • Hochgelobte Pariser Ansichten Pissarros sind eher einfacher Natur, was offensichtlich ist, wenn man sie mit Bérauds oder Gilberts Werken vergleicht.
Camille Pissarro - Avenue de l'Opera: Sonnenschein am Wintermorgen (1898) - Öl auf Leinwand (73 x 91.8 cm)
Victor Gabriel Gilbert - Markttag (1878) - Öl auf Leinwand (88,5 x 55,8 cm)
Jean-Georges Béraud - Boulevard Poissonniere im Regen (1885)
  • Die in der Ausstellung gezeigten Zeichnungen und Studien sind ohne Reiz, wenn man schon mal Landschaftsstudien eines Schirmer oder thematisch ähnliche Werke von Lessing gesehen hat. Leider finde ich keine Zeichnung der Ausstellung online. Deshalb hier eine, die in der Qualität den gezeigten Werken entspricht.
Ein Mann mit einem Esel im Wald
Carl Friedrich Lessing - Wasserburg (um 1838) - Bleistift und Feder (54,9 x 66,3 cm)
Camille Pissarro - Weg mit Apfelbäumen in der Nähe von Osny, Pontoise (1874) - Öl auf Leinwand (54 x 73 cm)
Oswald Achenbach - Römische Landschaft mit Pilger

Fazit

Dieses Jahr habe ich unter anderem die Staatliche Kunsthalle in Karlsruhe und die Hamburger Kunsthalle besucht. Die Eindrücke von dort sind noch zu frisch. Deshalb war die Messlatte für Pissarro wohl zu hoch, er konnte nur verlieren.

In den Sammlungen der großen Museen gehen die Impressionisten unter, da der Unterschied im Können zu den akademischen Meistern des 19. Jahrhunderts zu gewaltig ist. Meine Hoffnung war, in einer Ausstellung nur mit impressionistischen Werken, nicht von diesem Gefühl übermannt zu werden. Aber mir ist es nicht gelungen, mein Wissen über die wahren Meisterwerke der Malerei auszuschalten. Diese hatte ich immer im Hinterkopf.

Die Werke Pissarros und anderer Impressionisten wirken auf dem Monitor in kleiner Auflösung besser als in der Realität. Und das ist kein gutes Zeichen.

Kuhfladen

Ist meine Beurteilung gerecht? Vielleicht nicht ganz. Aber wenn in einem Raum Pissarros späte Zeichnungen als wahrlich meisterhafte Werke (so ähnlich war die Formulierung) angepriesen werden, und man dann auf der Wand nur ein paar dilettantische Skizzen sieht, kann ich nicht anders. Man muss nicht jeden Bullshit, wie der Engländer treffend sagen würden, glauben, nur weil er immer wieder monoton vorgekaut wird. Denn wenn Pissarro eines mit Sicherheit nicht war, dann ein Meister der Zeichenkunst.