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Freitag, 13. Januar 2017

Gähnende Langeweile

Das Jahr ist zu Ende und die Top 10 der Verkäufe wurde wieder von der FAZ veröffentlicht. Es sieht leider auf dem Kunstmarkt aus wie immer. Die Kassenschlager 2016 sind fast durch die Bank weg einfallslose, dilettantische, hässliche Materialvergeudungen ohne jeden Kunstwert. Zeichnerische Brillanz, malerische Vollendung, Komposition, Detailfreude oder Erzählkunst sind nicht zu finden. Bei den Namen der Pseudokünstler, die aufgelistet sind, auch kein Wunder.

Hier die Plätze 10 bis 1:

10)
Francis Bacon, „Two Studies for a Self-Portrait“, 1970, Öl auf Leinwand, zweiteilig, je 35 mal 30 Zentimeter groß: Zuschlag bei 31 Millionen Dollar. Oh je! Da hat der liebe Herr Frühstücksspeck aber ordentlich eins auf die Nase bekommen. Leider wirkte sich dies auch auf seine Hand aus, verschmierte er seine simplen Studien doch glatt kurz vor Vollendung. Anspruchsvoll und kritisch wie wir sind, hätten die beiden Blätter bei uns sofort den Weg in den Mülleimer gefunden. Doch dem Briten plagten da weniger Skrupel. Zu seinem Glück, sonst wäre am Ende Platz 10 und 31 Millionen Schmerzensgeld nur ein Traum geblieben.

9)
Cy Twombly, „Untitled (New York City)“, 1968, Mischtechnik auf Leinwand, 154 mal 174 cm: Zuschlag bei 32,5 Millionen Dollar. Ein unnachahmliches Meisterwerk. Diese l's sind brillant geschwungen und jeder einzelne Buchstabe ist sein Geld wert. Bei geschätzten 25 l's pro Zeile und 6 Reihen macht das nach Adam Riese über 200000 Euro je Zeichen, eine lächerlich geringe Summe für solch große Kunst.

8)
Cui Ruzhuo, „The Grand Snowing Montains“, 2013, Tinte und Farbe auf Papier, 299 mal 873 Zentimeter: Zuschlag bei 33,5 Millionen Dollar. Ich habe den Namen Ruzhuo noch nie gehört, aber sehe direkt, dass er ein gerissener und selbstbewusster Mann ist. Da er kein besonderes zeichnerisches Können besitzt, aber gerne erfolgreich sein wollte, griff er auf den bekannten Trick zurück, potentielle Käufer durch Masse statt durch Klasse zu beeindrucken. Bei fast 9 Meter Breite ist ihm das vorbildlich gelungen.

7)
Edvard Munch, „Mädchen auf der Brücke“, 1902, Öl auf Leinwand, 101 mal 102 Zentimeter: Zuschlag bei 50 Millionen Dollar. Munch war ein Freund von Brücken. Im Gegensatz zum Schrei hat er es diesmal bunter gemalt und mehr Farbtuben verbraten. Die Käufer dankten ihm diesen unermüdlichen Einsatz, im Gegensatz zum Rekordverkauf von 2012, aber nicht. Einen dreistelligen Millionenbetrag konnte er 2016 leider nicht einstreichen. Vielleicht findet sich ja nächstes Jahr wieder ein blinder Investor, dem es Freude macht, Abermillionen für ein simples Gemälde auf VHS-Niveau zu verbrennen.

6)
Amedeo Modigliani, „Jeanne Hébuterne (au foulard)“, o. J., Öl auf Leinwand, 92 mal 54 Zentimeter: Zuschlag bei 50,4 Millionen Dollar. Modigliani konnte seine Fähigkeiten realistisch einschätzen. Er hatte kein Talent und auch kein Können. Deshalb wagte er sich nie an komplexere Darstellungen und lenkte seine Konzentration voll und ganz auf die manieristischen Porträts des dilettantischen Realismus, den er auch hier zelebrierte.

5)
Jean-Michel Basquiat, „Untitled“, 1982, Acryl auf Leinwand, 238 mal 500 Zentimeter: Zuschlag bei 51 Millionen Dollar. Ich habe Angst. Die Teufelsmaske ist ja so gruselig. Da vergesse ich fast zu erwähnen, wie lächerlich schlecht dieses gigantische Graffiti ist.

4)
Peter Paul Rubens, „Lot und seine Töchter“, um 1614, Öl auf Leinwand, 190 mal 225 Zentimeter: Zuschlag bei 51,8 Millionen Dollar. Welch Freude. Ein alter Meister hat sich hier verirrt. Nicht mit einem Hauptwerk, aber immerhin. Da nur alle Ewigkeiten ein größeres Werk eines Malers seines Kalibers auf den Markt kommt, hat es natürlich und zu Recht einen stolzen Preis erzielt.

3)
Pablo Picasso, „Femme assise“, 1909, Öl auf Leinwand, 81 mal 65 Zentimeter: Zuschlag bei 56,6 Millionen Dollar. Der Kubismus-Verehrer wird diese sitzende Frau als große Kunst bewundern. Mit nüchternem Blick sieht man jedoch nur ein langweiliges Fleckenmuster, in Windeseile hingeschustert, welches der clevere Spanier als Massenware herstellte, um damit den Markt und seine Geldbörse zu überschwemmen.

2)
Willem de Kooning, „Untitled XXV“, 1977, Öl auf Leinwand, 195 mal 223 Zentimeter groß: Zuschlag bei 59 Millionen Dollar. Wo de Kooning draufsteht, ist auch de Kooning drin. Farbschmierereien, die höchstens Mütter von zweijährigen Kindern stolz machen würden.

1)
Claude Monet, „Meule“, 1891, Öl auf Leinwand, 72 mal 92 Zentimeter: Zuschlag bei 72,5 Millionen Dollar. Der Sieger ist ein typischer Monet. Ein buntes Bild in Regenbogenfarben ohne Inhalt und Details, welches mit deiner Signatur bei eBay maximal 100 Euro Wert wäre. Meine Frau interessiert sowas aber überhaupt nicht und findet das Bild trotzdem schön. Warum auch nicht. Denn ästhetisches Empfinden ist rein subjektiv und hat keine Bedeutung dafür, ob etwas Kunst ist oder nicht.

Sonntag, 4. Januar 2015

Keine Besserung in Sicht

Mein Optimismus zur Marktentwicklung (siehe hier) war sehr naiv. Die neue FAZ-Liste der teuersten Kunstwerke des Jahres 2014 zeigt keine Verbesserung zu dem Jahr davor. Im Gegenteil. Nicht mal ein positiver Ausreißer wie Rockwell hat es diesmal in die Liste geschafft. Die Namen sind alle bekannt, aber mit Können und Kunst hat dies alles nichts zu tun. Einzig die Studie Manets hat einen gewissen Charme.

Aber zum Glück ist die Prognose für 2015 einfach:

Schlimmer kann es nicht werden!

Montag, 6. Januar 2014

1 zu 9 gegen die Kunst

Haushohe Niederlage

Das Jahr 2013 ist beendet und das Ergebnis steht fest. Eine klare, eindeutige 1:9 Niederlage. Man konnte es nicht anders erwarten, aber schön ist es trotzdem nicht.

Wieder mal hat, wie der FAZ-Jahresrückblick der teuersten Besitzerwechsel von 'Kunst'-Werken zeigt, der Marktwert nichts mit Qualität zu tun, sondern nur mit Investment. Denn wenn Qualität und Können auch nur ansatzweise eine Bedeutung hätten, dann wären garantiert neun der ersten zehn Werke nicht in der Liste zu finden.

Fehlende Zockermentalität

Wie man zum Beispiel für Mark Rothkos oder Barnett Newmans langweilig, pedantisch, minimalistische Farbflächen hohe zweistellige Millionenbeträge ausgeben kann, wird mir immer ein Rätsel bleiben.
Nerven wie Drahtseile muss man auf jeden Fall haben, wenn man glaubt, dass diese 'Kunst'-Werke auch in Zukunft ihren Preis halten werden. Das Produkt selber ist natürlich nicht der Grund für den Optimismus. Der Maestro ist die Basis der Investition. Sein Ruhm soll die Zeit überstehen. Darauf hoffen die Geldgeber. Wenn sie recht haben, wird unsere Ära vielleicht als Spekulanten-Dilettantismus in die Geschichtsbücher eingehen.

Hoffnung

Einziges Werk, welche die Bezeichnung Kunst verdient, ist als rühmliche Ausnahme übrigens auf Platz 8b, Norman Rockwells „Saying Grace“ von 1951.

Mal sehen, was das Jahr 2014 bringen wird. Mein hoffnungsvoller Tipp ist 2:8.

Sonntag, 4. Januar 2009

Megaseller und Bohlen's 'Das Supertalent'

Top 2008

Der Kunstmarkt hat, wie man mal wieder anhand der Liste der teuerst verkauften Bilder des Jahres 2008 sehen kann, nichts mit wahren Kunstwerken am Hut. Gekauft werden die Akteure, die von sogenannten Fachleuten in den Himmel gepriesen werden.

Große Kunst darf man hierbei natürlich nicht erwarten, Können ist aufgrund dessen fehl am Platz. Ein Blick auf die Liste in der FAZ macht dies mehr als deutlich.

Kasimir Malevich: Suprematistische Komposition (1916)Öl auf Leinwand - 88,5 x 71 cm

Wer 53 Millionen Dollar zu viel hat, um diese gegen ein paar bunte Linien eines Malevich einzutauschen, hat eine äußerst merkwürdige Art, sein Geld zu verpulvern. Aber er muss genug davon haben, deswegen sollten wir uns nicht allzu große Sorgen um diesen Geldhahn haben.

Mit diesem abstrakten Geniestreich möchte ich mich diesmal nicht beschäftigen, sondern mit der Staffel 'Das Supertalent' 2008. Wieso das, wo soll denn da der Zusammenhang sein? Ich glaube, ich muss ausholen.

Bewegte 33 Millionen Dollar

Edgar Degas: Danseuse au repos (um 1879)
Pastell auf Papier, 59 mal 64 cm

Platz 10 der Megaseller 2008 war für läppische 33 Millionen Dollar zu haben. Erworben hätte man damit ein Pastel-Bild, „Danseuse au repos“, um 1879, von Edgar Degas (1834-1917).

Degas gilt als einer der großen Maler des 19. Jahrhunderts. Bewegung soll er meisterhaft gemalt haben. Völlig zu Unrecht in meinen Augen, da seine Bilder dort aufhören, wo große Kunst anfängt.
Er ist kein typischer Impressionist, wird eher aufgrund seiner Bekanntschaft mit diesen in eine Verbindung gebracht. Gemeinsam ist natürlich, dass das malerische Können nicht ihrer Stärke ist.
Schlecht finde ich Degas nicht, teilweise gefallen mir seine Werke, aber als großen Künstler, der Eingang in die Geschichtsbücher gefunden hat, kann man ihn nicht gelten lassen. Dort gehören andere hin.

Suppenwerk

Sein Top 10 Werk ist eigentlich eher eine Studie. So wäre es in früheren Zeiten auch bezeichnet worden, bis jemand auf die schlaue Idee kam, diese halbgaren Werke als impressionistisch beendet zu erklären. Gerade hier, wo das Können und die Liebe zur Malerei beginnt, endet der Dilettant sein Werk.
Dies ist wie eine Suppe, zu der man die Zutaten wie gekauft in einen großen Topf wirft. Bisschen Wasser rein, fertig. Die Mühe des Schälens und die Kunst des Würzens lässt man besser ganz sein, da man dies als Dilettant nur falsch machen kann. Gibt ja genug Einfaltspinsel, die auch solch eine kalte Suppe kaufen. Und siehe da, ein weiterer Impressionist ist geboren.

Ratte mit gebrochenem Bein

Sein angebliches Meisterwerk ist von solch einer Kategorie. Schnell ein paar braune und weiße Pastelpinselchen auf die Leinwand geschmiert, Boden und Wand angedeutet, hier etwas Grün, damit alles schön farbig wirkt, zwei Beine und Arme unten dran und fertig ist die kleine "Ratte", wie die jugendlichen Ballett-Tänzerinnen damals manchmal genannt wurden. Gelungen sind einzig die glänzenden Haare.
Ansonsten schmerzt der Anblick der schiefen Beine. Das verdrehte, rechte Bein der armen Ratte wird in den nächsten Sekunden brechen. Für uns eine schauerliche Vorstellung. Aber dem lieben Maler machte dies wohl weniger aus. Nur keine Korrektur, sagte er sich, da mache ich nur noch mehr Baustellen auf. Alles bloß so lassen hat man mir gesagt, in 100 Jahren ist dies große Kunst.

Das Supertalent

Und was hat das mit "Das Supertalent" zu tun?

Noch immer nichts direkt, aber wir nähern uns.

Der wohl bewegendste Auftritt in der Show war jener, mit der ätherisch, schwebenden Stimme Lisa Gerrards unterlegte Auftritt, des Derwisch-Tänzer Shinouda Ayad.

Was ein Derwisch sein soll, wird vorher nicht jeder gewusst haben. Aber mit seiner hypnotischen Vorstellung und dem endlos um die eigene Achse drehen, hat er es dem Publikum näher gebracht.

Lebloser Akademiker

Jean-Léon Gérôme: Die wirbelnden Derwische (1899)
Öl auf Leinwand - 72,5 x 94 cm

Mir war dies als Liebhaber der akademischen Meister des 19. Jahrhunderts nicht ganz unbekannt, da mir das Ölgemälde 'Die wirbelnden Derwische' (1899), ein Bild Jean-Léon Gérômes (1824-1904), noch vor Augen schwebte.

Gérôme war ein Zeitgenosse von Degas und galt zur Recht als einer der ganz großen Meister im 19. Jahrhundert. Heutzutage wird er als lebloser, akademischer Techniker vom Mainstream verlacht oder ignoriert. Dass die großen Akademiker natürlich Bewegung genauso oder besser als der angeblich so beachtenswerte Degas darstellen, zeigen die folgenden Bilder. Dies ist nicht verwunderlich, da bei Beherrschung der Grundlagen und dem nötigen Talent alles gemalt werden kann. Denn ohne Können keine Kunst.

Was bei diesem Bild Gérômes überrascht, ist seine Größe. Es ist fast genauso groß wie das von Degas (Degas 59 x 64 cm, Gérôme 72,5 x 94 cm), wirkt aber zehnmal größer. Ein Effekt der detaillierten, kunstvollen Öl-Malerei.

Derwische überall

Dargestellt ist ein Tanzritual der Derwische. Als Derwisch wird jemand bezeichnet, der der mythischen Tradition des Islam, der Sufi, angehört, welche durch Gebet, Mediation, Askese oder gemeinsamen Zeremonien samt Tanz und Musik, eine ekstatische Annäherung an Gott erreichen will.
Solch eine Zeremonie kann mehrere Stunden dauern. Der monotone Gesang und die Musik können zu tranceartigen, hypnotischen Zuständen führen. Jemand steht auf und beginnt sich zu drehen. Und er dreht sich und dreht sich und dreht sich. Immer und immer wieder. Je nach Alter langsam oder schnell. Genau dieses permanente Drehen wurde beim Auftritt in der TV Sendung Das Supertalent 2008 gezeigt.
Und auf dem Meisterwerk Gérôme ist solch ein drehender Derwisch ebenfalls dargestellt.

Gérôme bewegt

Im Gegensatz zu Degas Megaseller ist dies ein vollendetes Bild, man fühlt sich als Zuschauer dieser Zeremonie. Nach einer ersten Skizze wurde das Bild nicht für vollendet erklärt, sondern hier begann erst die Kunst. Gérôme ist für seine sorgsam ausgearbeiteten Gemälde bekannt. Er hatte bestimmt solch eine Veranstaltung vorher besucht und die Eindrücke in vielen kleinen Studien und Skizzen festgehalten. Erst als er zufrieden mit seiner Komposition war, konnte das Ölgemälde beginnen.

Man kann einen beliebigen Ausschnitt aus dem Bild wählen und hat immer ein kleines Meisterwerk vor sich.

Jean-Léon Gérôme: Auschnitt- Die wirbelnden Derwische (1899)

Die Ansammlung der Turbane grenzen den Halbkreis um den Tänzer ein und wirken zum Greifen nah.

Jean-Léon Gérôme: Auschnitt- Die wirbelnden Derwische (1899)

Die Musiker ergäben ein wunderbares eigenes Bild.

Jean-Léon Gérôme: Auschnitt- Die wirbelnden Derwische (1899)

Die Bewegung des tanzenden Derwisch ist in Perfektion dargestellt. Im Gegensatz zum ach so großen Meister Degas, ist hier die Bewegung wunderbar gelungen. Jeder Pinselstrich sitzt. Der Wind des drehenden Rocks weht einem scheinbar entgegen.

Jean-Léon Gérôme: Auschnitt- Die wirbelnden Derwische (1899)

Die hypnotischen, in Trance gefallenen Gesichter sind vielfältig und ausdrucksstark dargestellt. So auch die Bewegungen und Körperhaltungen dieser Personen.

Jean-Léon Gérôme: Auschnitt- Die wirbelnden Derwische (1899)

Die Stoffe glänzen und die Personen leben.

Die Darstellung verzeiht keine Fehler und zeigt hier den großen Meister.
Und dies ist mit Sicherheit nicht Degas oder die sonstigen Megaseller, sondern der große Gérôme!


Nachtrag:
Mir fällt gerade eine weitere Verbindung zwischen Gérôme und dem Auftritt in der Fernsehsendung Das Supertalent auf. Dies ist die brillante Musik von Lisa Gerrard. Und zwar ist der Zusammenhang folgender:
Der Film Gladiator wurde nach Aussagen von Ridley Scott von Gérômes Gemälde Pollice Verso inspiriert. Und siehe da. Sowohl der Gladiatorfilm als auch der TV Derwisch wurden von ihrer Musik begleitet.
Soweit ein weiteres Kapitel der Reihe, Wissen, welches die Welt nicht braucht.