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Samstag, 18. Februar 2017

Landesgalerie Hannover Teil 3

Fortsetzung 19. und Anfang 20. Jahrhundert

Landesgalerie Hannover
In diesem und dem nachfolgenden vierten und letzten Teil der Serie über die Landesgalerie Hannover werden vor allem Bilder aus dem Umkreis der Impressionisten vorgestellt. Der lockere, impressionistische Farbauftrag ist keine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Schon immer haben große Meister Teile ihres Bildes, zum Beispiel den Hintergrund, in dieser Manier gemalt. Studien zur Vorbereitung der richtigen Gemälde wurden oft in dieser groben Malweise umgesetzt. Sie dienten, wie der Name schon andeutet, dem Studium der gewünschten Farbfindung, des Bildaufbaus und der Lichtverteilung. Waren also ein Schritt auf dem Weg zum fertigen Kunstwerk. In den Händen eines akademisch geschulten Malers, der sein Handwerk versteht, können dabei wunderbare Bilder entstehen, auch ohne Vollendung im Detail.

Dänische Künstler

Das Kunstleben pulsiert meist in großen Städten. Dort sind die Akademien, das bewundernde Publikum und die Geldgeber zu finden. Doch auch immer wieder hinterließen abgelegenere Regionen ihren Stempel in den Geschichtsbüchern. Bekanntestes Beispiel aus dem 19. Jahrhundert ist bestimmt die Schule von Barbizon. Doch auch das kleine Dänemark hatte mit der Skagener Malerkolonie einen Anziehungspunkt an der Peripherie des Landes. Im Gegensatz zur eher unbedeutenden deutschen Künstlerkolonie Worpswede ist die dänische auch im englischsprachigen Raum bekannt. Wichtige Namen sind Frits Thaulow (Norweger), Laurits Tuxen oder ihr inoffizielles Oberhaupt Krøyer, vom dem eine schöne Studie in der Landesgalerie zu finden ist.
Beginnen wollen wir jedoch mit zwei Dänen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Frederik Sødring (1809 - 1862)

Sødring war ein Maler der Romantik. Beeinflusst wurde er, wie der im vorherigen Teil kurz vorgestellt Gille, von Johan Christian Claussen Dahl. Ein Teil seiner Lehrjahre verbrachte er München. Das Gemälde der Landesgalerie enthalten die Zutaten, wie sie für diese Kunstrichtung typisch sind. Zur Linken sehen wir malerisch erleuchtete Kreidefelsen, die Zeugen einer längst vergangenen Zeit sind und im ewigen Kampf mit den Naturgewalten stehen. Doch die wilde See forderte dieses Mal ihren Tribut von den Menschen. Sie spuckte am Ende ihres tödlichen Spiels das Schiffswrack zur Küste aus. Der Mensch ist klein und machtlos gegenüber der Natur und muss sich den gewaltigen Kräften fügen, die er gleichzeitig bewundert und fürchtet.

Frederik Sødring - Kreidefelsen auf der Insel Mon (1831)

Das Bild hat aber auch eine politisch, gesellschaftliche Komponente, wie die Informationstafel nahelegt. Dänemark verlor 1814 im Rahmen des Kieler Friedens seine Großmachtstellung. Diese Schmach wurde durch Stolz auf die heimatliche Natur, als Teil neuer nationaler Identitätsfindung, kompensiert. Symbolisiert wird dies durch die hell erleuchtete, phallusartige Gesteinsformation, die eine aufstrebende Zukunft für das Land suggeriert.

Frederik Sødring - Kreidefelsen auf der Insel Mon (1831) - Detail


Constantin Hansen (1804 - 1880)

Der Maler Hansen ging den Weg vieler seiner Zeitgenossen. Sein Traum war die klassische Bildungsreise Richtung Italien mit Ziel Rom. Dort traf er viele Gleichgesinnte. Es gab zwar Kontakt zwischen den Künstlern der verschiedenen Nationen, aber meist hingen sie doch vor allem mit ihren Landsleuten rum. Eine offizielle Akademie in Rom finanzierten nur die Franzosen. Andere Nationen, wie die Deutschen oder Dänen, trieben ihr Unwesen in privaten Gemeinschaften, Deutsche natürlich im Verein. 
Hansen war ein vielseitiger Künstler. Er war Historienmaler, Porträtist, Radierer und stattete mit seinen Fresken große öffentliche Gebäude wie die Universität und das Hoftheater in Kopenhagen oder den Dom in Roskilde aus.
Hansens Malerei ist zwischen Klassizismus und Biedermeier angesiedelt. Im Landesmuseum ist ein schönes, zeitloses Porträt des Künstlers ausgestellt.

Constantin Hansen - Porträt Christiane Købke (1854)

Vor dunklem Hintergrund schaut uns die Schwester seines Malerfreundes Købke mit großen Augen an. Was mag sie wohl denken, was bewegt sie? Hansen lässt uns nicht hinter die Fassade blicken. Das Unnahbare wird durch den Jahrhunderten alten Kniff verstärkt, die rechte Seite des Bildes zu verdunkeln. Das macht das Gemälde interessant, aber hält uns auch einen Teil der Persönlichkeit der Dargestellten vor. Dies wird jedenfalls dadurch suggeriert.

Constantin Hansen - Porträt Christiane Købke (1854) - Detail

Peder Severin Krøyer (1851 - 1909)

Krøyer kann in einem Atemzug mit Schwergewichten des Impressionismus wie John Singer SargentJoaquín Sorolla oder Giuseppe De Nittis genannt werden, deren Behandlung des Lichts meisterhaft war. Seine Gemälde sind nach akademischen Regeln aufgebaut, Perspektivfehler oder Verzerrungen, wie bei den deutschsprachigen Künstlern, findet man bei ihm nicht. Darstellungen mit dem Meer links und dem Strand im 45 Grad Winkel war einer seiner liebsten Bildkompositionen. Dies erzeugt eine große Tiefe, wie man hier, hier oder auch im Bild der Hannoverschen Sammlung sehen kann.

Peder Severin Krøyer - Südstrand bei Skagen (1884)
Die Nahaufnahme verdeutlicht seine technische Meisterschaft in der Darstellung des Meeres. Die kleine Welle hinter den drei Jungs ist mit teilweise dickerem Farbauftrag am Wellenkamm, dunkler Linie und hellen Glanzlichtern perfekt gemalt. Jeder Pinselstrich zeugt von sicherer Beherrschung der Technik. Dies kann man auch an dem mit einfachsten Mitteln entstanden Schaum der Gischt und den Bewegungen des Wassers bewundern.

Peder Severin Krøyer - Südstrand bei Skagen (1884) - Detail

Anna Ancher (1859 - 1935)

Es gibt einige Parallelen zwischen der Malerin Anna Ancher und dem deutschen Pendant Paula Modersohn-Becker. Beide waren Teil einer Malerkolonie (Skagen - Worpswede), heirateten jeweils einen ihrer Kollegen aus der Gemeinschaft (Michael Ancker und Otto Modersohn), waren vom Impressionismus beeinflusst und werden heutzutage verehrt. Ihre Wikipedia-Seiten sind sehr ausführlich. Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen den beiden Damen. Im Gegensatz zur deutschen Dilettantin konnte Anna Ancher wirklich malen.
Eine ihrer Spezialitäten waren Interieurs im Stille der großen Niederländer des 17. Jahrhunderts. Häufig sind es Frauen, die sie bei der täglichen Arbeit, dem Lesen oder einer kurzen Verschnaufpause abbildete. Meist sitzen sie am Fenster, um das Tageslicht zu nutzen. Uns heimliche Betrachter bemerken sie nicht, es entsteht kein Blickkontakt.

Anna Ancher - Mutter mit Kinde (1890/95)
So wie im Hannoverschen Gemälde der jungen Frau mit ihrem Kind auf dem Schoss. Sie ist tief in Gedanken versunken, die wir nicht deuten können. Existenzängste, wie auf dem später abgebildeten, ähnlichen Gemälde der Modersohn-Becker, plagen sie wohl nicht. Auch die Informationstafel wagt keine Schlussfolgerung. Wollen wir hoffen, dass es nur die kleinen, alltäglichen Probleme sind, die sie beschäftigen.

Anna Ancher - Mutter mit Kinde (1890/95) - Detail

Lauritz Andersen Ring (1854 - 1933)

Der Däne Ring malte am liebsten das, was er sah. Er wollte keine Geschichten erfinden oder idealisieren. Die Natur und die Menschen seiner Heimat Seeland waren sein liebstes Bildmotiv. Es sind keine spektakulären Motive, er hat einfach ungeschönt das gemalt, was ihn umgab.

Ein Weg seines Dorfes, der aufgrund der unterschiedlichen Farbigkeit der Häuser seinen Reiz entwickelt, ist auf dem kleinen, in Feinmalerei umgesetzten Bild der Landesgalerie zu sehen.

Lauritz Andersen Ring - Weg in Baldersbrønde (1913)
Es ist Winter. Die Wege zweier älterer Bewohner der Siedlung, die sich wahrscheinlich schon Ewigkeiten kennen, kreuzen sich. Sie hatten eben noch ein paar belanglose Neuigkeiten und Klatsch ausgetauscht, jetzt sind aber beide in ihre Gedanken versunken. Das Gespräch ist beendet und sie werden ihrer Wege gehen, so wie jeden Tag.

Lauritz Andersen Ring - Kurzes Verweilen (1908)
Die Gesichter der beiden Alten wirken sehr real. Dies war eine große Stärke von Ring.

Lauritz Andersen Ring - Kurzes Verweilen (1908) - Detail
Aber in dem Bild ist auch eine typische Schwäche seiner Kompositionen zu erkennen. Die Figuren wirken etwas unnatürlich eingebunden. Deshalb vermute ich, dass er mit der Landschaft begann und dann erst seine Überlegungen beendete, ob und wo er die Menschen platzieren sollte. Das Ergebnis war dann nicht immer ganz harmonisch.

Lauritz Andersen Ring - Kurzes Verweilen (1908)
Was auf dem letzten hier vorgestellten Bild los ist, kann man nur raten. Bis auf den Opa haben sich alle Mitglieder der Großfamilie vor ihrem Häuschen versammelt. Aber warum, und was jetzt passieren wird, ist nicht zu deuten. Sind es die letzten Vorbereitungen vor dem Besuch eines Festes? Aber dafür sind sie wohl nicht schick genug angezogen. Oder haben sie gerade ihr Mahl gehalten und die kleinen Babys sollen nun bei frischer Luft auch ihren Anteil bekommen?

Lauritz Andersen Ring - Kurzes Verweilen (1908) - Detail
Das Bild hat einen studienhaften Charakter und ist eines der Gemälde, bei denen ich mir etwas mehr Vollendung im Detail wünsche, wie zum Beispiel in der Figur des uns anschauenden Babys oder des Großvaters.

Lauritz Andersen Ring - Kurzes Verweilen (1908) - Detail

Vilhelm Hammershøi (1864 - 1916)

Vilhelm Hammershøi hat etwas, was die meisten Künstler gerne hätten. Einen eigenen Stil. Seine Bilder sind leicht zu erkennen. Berühmt ist er für seine in grisaille-artiger Farbgebung gemalten Interieurs in sterilen Räumen. Es herrscht eine stille, melancholische Grundstimmung. Die Personen, meist schwarz gekleidet, kehren uns den Rücken zu. Sie bleiben gesichtslos und anonym, wie in dem Gemälde der Hannoverschen Sammlung.

Vilhelm Hammershøi - Interieur in der Strandgade (1901)
Wir beobachten eine Dame, welche neugierig, so wie wir auch, das Geschehen vor ihrem Fenster verfolgt. Das Zimmer ist spärlich möbliert und wirkt wenig einladend. Es gibt nur einen Stuhl. Warum? Ist ihr Mann vielleicht vor kurzem gestorben und hat Schulden hinterlassen. Sie musste den Großteil ihrer ehemals gemütlich eingerichteten Stube verpfänden und schaut nun gefasst, aber mit ein paar Tränen in den Augen, dem Abtransport der letzten Möbel zu.

Vilhelm Hammershøi - Interieur in der Strandgade (1901) - Detail