Samstag, 20. Dezember 2008

Was ist Kunst?

Merkwürdige Ansichten
Was Kunst ist, ist eine Frage, die seit Jahrhunderten gestellt wird, aber wohl nie so merkwürdig beantwortet wurde, wie im 20. Jahrhundert.
  • Kunst muss neu sein,
  • Kunst wird durch technisches Können behindert,
  • Kunst muss anecken und unklar sein,
  • in jedem steckt ein Künstler.
Solche Ansichten wären in früheren Zeiten verlacht worden oder hätten zu Kopfschütteln geführt. Aber unserem Ohr klingen solche Phrasen der Heiligsprechung des Nichtskönnertums nicht mehr fremd, da tausendfach gehört und dann wohl richtig. Und in fast jeder Kunstschule oder modernem Museum ist dies auch lehrbuchmäßig umgesetzt, oder?
Was wirklich Kunst ist
Was es wirklich mit Kunst auf sich hat, ist natürlich etwas ganz anders.
Kunst kommt zuerst und als wichtigstes von Können.
Wer sein Handwerk nicht versteht und perfekt beherrscht, ist verloren. Ein Sportler, der immer über seine eigenen Beine fällt, wird nie ein Weltklasse-Läufer.
Ein Maler, der nicht mittels jahrelanger Arbeit Herr seiner Linien, Farbabstufungen, Übergänge und Perspektiven geworden ist, kann nie ein Künstler werden. Er wird immer ein Nichtschwimmer sein, der davon träumt, sich frei wie ein Fisch in den Weiten des Meeres zu bewegen. Erst, wenn er die handwerkliche Basis gelegt hat, kann er seine Ideen umsetzen.
Diese eigentliche triviale Erkenntnis scheint heute an den Kunstschulen in Deutschland nicht mehr von Interesse zu sein.
Grelle Farben, welche vom nicht erlernten Umgang mit Farben und Farbabstufungen ablenken sollen, tausend Perspektivfehler, welche das fehlende zeichnerische Können absichtsvoll und tiefgründig erscheinen lassen. Und das A und O sind möglichst schiefe, hässliche Darstellungen von allem und jedem, um angeblich auf die Schrecken der Welt hinzuweisen (da alles andere ja sowieso Kitsch ist). In Wirklichkeit ist dies darin begründet, dass das Malen eines realistischen Bildes jeden noch so kleinen Fehler offensichtlich werden lässt, da der Mensch jede Sekunde seines Lebens mit offenem Auge realistische Bilder gesehen hat, und kleine Ungenauigkeiten direkt erkennt.
Wer nichts kann, kann auch kein Bild komponieren!
  • Können ist also die wichtigste und einzig klar festlegbare Voraussetzung für Kunst.
  • Ein Kunstwerk wirkt, unabhängig vom Künstler
  • oder der Absicht des Künstlers.
  • Es hat eine technische Qualität, die man bewundert
  • und die nicht einfach kopiert werden kann. (Das Dilettanten wie Picasso, Klee, Matisse und Konsorten in Massen gefälscht werden, ist ein offensichtliches Resultat des fehlenden Könnens)
  • Es erzählt eine Geschichte oder beschreibt eine Gegend, einen Gegenstand oder Person
  • Ob ein Bild als Illustration oder eigenständiges Kunstwerk betrachtet wird, ist völlig egal.
  • Das Ergebnis zählt und dafür interessiert weder der Auftraggeber noch die Motivation des Künstlers.
So hat das folgende dilettantische Bild eines Jungen von Malevich, wenn es nicht seine Signatur hätte, null Wert und hat nichts, aber auch gar nichts in einem Museum zu suchen, wo es jedoch zu finden ist.
Kasimir Malevich: Junge (1928-1932)

Hingegen ist das Gemälde eines Mädchens von Bouguereau (einer der größten Maler aller Zeiten, aber natürlich in den Kunstbüchern unserer Zeit ignoriert) zeitlos schön, auch wenn es von Hans Mustermann aus Bienenbüttel gemalt wäre:


William Bouguereau: Une Vocation (1890)


Was meiner Meinung nach ins Reich der Subjektivität gehört, ist,
  • ob ein Bild bis in das kleinste Detail mit viel Liebe ausgemalt sein sollte, oder der Maler sich, wie man es so einfach nennt, aufs Wesentliche konzentriert und das Beiwerk Beiwerk sein lässt.
  • Ob die Pinselstriche des Malers erkennbar sind oder nicht.
  • Eine Gattungshierachie der Malerei.
  • Was ein Bild ausdrücken sollte, also z.B. etwas Erhabenes, Ideales, Schönes, Hässliches oder Provokatives.

Sonntag, 7. Dezember 2008

Genie vs. Unbekannt (Teil 1)

Die Geschichte der Malerei des 19. Jahrhunderts wird völlig verfälscht in den Medien präsentiert. Die Darstellung ist meist folgende:
Es gab zu Beginn des 19. Jahrhunderts den klassizistischen Maler David, dann kam Ingres und Delacroix und dann gab es scheinbar viele Jahre überhaupt niemand erwähnenswertes, bis endlich die Impressionisten, vorbereitet durch Courbet, das Licht der Bühne erblickten und die Malerei Richtung Cubismus, Expressionismus und Co. führten.
Das jedoch in der Zeitspanne von 1840 bis zum 1. Weltkrieg die größten Maler aller Zeiten gelebt und gearbeitet haben, wird verschwiegen. Dies ist natürlich verständlich, da ein Vergleich dieser großen Meister mit den dilettantischen Resultaten von Cezanne, Picasso, Klee, Mondrian und Konsorten deren fehlendes Können offen legen würde.
Deshalb bereitet es mir eine Freude, Bilder der großen Genies mit denen der unwürdigen akademischen Maler des 19. Jahrhunderts zu vergleichen.
Eines der Kunst-Standardgeschichtswerke für Dummys ist die Geschichte der Malerei von Wendy Beckett. In ihr ist die Kunstgeschichte, wie nicht anders zu erwarten, beschrieben wie oben skizziert. Die Bilder bis zum 19 Jahrhundert sind auf hohem Niveau. Dann jedoch, zum Ende des 19. Jahrhunderts und hinein ins 20te werden die Bilder immer dilettantischer, kindischer, schlechter. Können, was bei den Künstlern anderer Jahrhunderte so hoch gelobt und besungen wird, scheint ab diesem Zeitpunkt für die liebe Nonne, Frau Beckett, nicht mehr zu zählen. Austauschbare Bilder von ungeschickter Hand, deren Wert einem neutral blickenden Menschen völlig unerklärlich sind, werden als große Werke gepriesen. Groß natürlich nur, weil sie die Unterschrift von X, Y oder Z tragen. Von Frau Mustermann gemalt, würde dies niemand interessieren.

Paul Cezanne vs. Oswald Achenbach
Einer der großen Vorreiter dieses dilettantischen Realismus und 'Wegbereiter der Moderne' ist der gute alte Paul Cezanne (1839-1906). Verlacht von seinen Zeitgenossen ist heute jede Buchhandlung mit seinen Büchern überfrachtet. Als eines seiner großen Meisterwerke hat Frau Beckett das Bild(Gemälde wäre übertrieben) Le Chateau Noir(1900-1904) gewählt. In unverständliche Worten und typischem Kunstblabla preist sie das Bild.
Licht... als Vibration tief im Inneren eines jeden Bildgegenstands,
Jede Form hat wirklich Substanz...,
...daß ein Gemälde sowohl kompositorisch überzeugend als auch formal unabhängig sein sollte.

Vergleichen möchte ich es mit einem ähnlichen Gemälde des in Vergessenheit geratenen akademischen Maler Oswald Achenbach(1827 - 1905), Villa d'Este in Tivoli(1892). Oswald Achenbach ist der jüngere Bruder des damals weltberühmten Andreas Achenbach, der gleichzeitig sein erster Lehrer war. Oswald verbrachte mehrere Jahre in Italien und wurde später zum Professor in seiner Heimatstadt Düsseldorf ernannt. Berühmt war er vor allem  wegen seiner detaillierten, lebendigen Bilder des italienischen Lebens. Er erhielt Ehrenprofessuren und Goldmedaillen in mehreren Ländern und die Mitgliedschaft in der französischen Ehrenlegion.

Frage:
Vom Bildaufbau sind beide Bilder ähnlich gestaltet. Eine relativ dunkle Stimmung, Bäume und Vegetation, man blickt von links auf ein(e) Schloss/Villa und im rechten Bildteil ist ein blauer Himmel zu sehen. Ich möchte jedoch, um die nicht wirklich vorhandene Spannung aufrecht zu halten, erst am Ende erwähnen, welches Bild von dem genialen, weltberühmten Cezanne ist und welches von dem nicht erwähnenswerten Achenbach :-)

Vegetation:
Der erste Maler hat sich mit seinem angedeuteten Baum, farblich ganz ansprechend, auf den einfachen Weg gemacht. Alles sehr flach und leblos gemalt, wohl seinem Können entsprechend.


Auf dem anderen Bild sind in detaillierter Form und mit viel Geschick die verschiedensten Gräser dargestellt. Ich habe schon eine Vermutung, wer das nicht beachtenswerte Häuflein Elend ist und wer das Genie. Mal weiter sehen...

Himmel:
Blau ist er ja, aber das waren die Himmel auf meinen Kinderbildern auch. Blau, aber was noch? Dunkel sieht es aus, sowohl für den Himmel, als auch für den Maler. Der kann ja gar keine Brise in den Himmel zaubern, alles flach und langweilig.


Dagegen ein lebendiger Sonnenuntergang in den verschiedensten Farbabstufungen auf dem anderen Bild. Das rötliche der untergehenden Sonne schluckt die letzten blauen Strahlen des Himmels. In dieser Bildwelt würde man gerne einen Abend verbringen, in der ersten Welt wohl an der blauen,  vom Himmel kommend Farbe ersaufen...

Gebäude:

Die grellen Farben sind zwar geblieben, aber dass in dieser comicartigen, zittrig gepinselten Schlosswelt jemals ein Mensch gelebt hat, darf man jenem fiktiven Wesen auf keinen Fall wünschen.


Im Gegensatz dazu die im wechselnden Abendlicht leuchtenden, festen Mauern der schönen italienischen Villa. Fenster sind nicht nur als unbeholfener Strich, sondern plastisch zu erkennen. Ein Gebäude, welches, im Gegensatz zu dem Krickel-Krackel-Schloss des ersten Bildes nicht beim ersten Wind davon getragen wird.

Gesamtwirkung:
Das wichtigste an einem Bild ist jedoch seine Gesamtwirkung, und da wird das große Genie in seiner vollen Größe erstrahlen. Oder etwa nicht?

Cezanne: Le Chateau Noir (1900-1904)
Öl auf Leinwand - 74 x 97 cm

Mein ungeschultes Auge sieht auf jeden Fall nur ein schrecklich schlecht gemaltes Bild. Tausendfach jeden Abend in den Abendkursen der Volkshochschule nachmalbar. Ohne Signatur hätte dieses dilettantische, leblose Bild null Wert. Es kann nicht zu den Meisterwerken der Menschheitsgeschichte gezählt werden, so blind kann niemand sein.

O. Achenbach: Villa d'Este in Tivoli (1892)
Öl auf Leinwand - 119,5 x 150 cm
Das andere Bild ist ein wirklich stimmungsvoller Blick auf eine südliche Landschaft. Es gibt Details zu entdecken und macht Freude auf einen Urlaub in südlichen Gefilden.

Auflösung:
Das Musterbeispiel dilettantischen Realismus, das blaue Bild, ist, wie nicht schwer zu erraten war, von Cezanne. Das Könnerbild von Achenbach. Mir ist es und bleibt es ein Rätsel, wie jemand dies, wie Frau Beckett, anders sehen kann.